„ Hochachtung gebührt demjenigen, der der Gesellschaft dient.“
(Prophet Mohammed)Beruf: DSA
Geburtsjahr: 1963
Wurzeln: Bosnien
Nermina Tahirovic ist zuständig für die Hospiz- und Palliativbetreuung / Rotes Kreuz Landesverband Niederösterreich
Nicht freiwillig gekommen – aber freiwillig geblieben
Ein Erlebnisbericht von projektXchange-Botschafterin Nermina Tahirovic.
Mein Name ist Nermina Tahirovic, ich bin als Diplomsozialarbeiterin zuständig für die Hospiz- und Palliativbetreuung im Roten Kreuz, Landesverband Niederösterreich.
Geboren bin ich in Bosnien und habe 29 Jahre dort gelebt, studiert und gearbeitet. 1992 änderte sich mein Leben schlagartig – der Krieg zwang mich dazu meine Heimat zu verlassen um mich und meinen ungeborenen Sohn vor Gräueltaten in Sicherheit zu bringen. Wie viele andere flüchtete ich 1994 nach Österreich, nachdem zwei Jahre zuvor schon meine Eltern und Geschwister in diesem Land Zuflucht finden konnten.
Die ersten Jahre in Österreich waren vor allem durch die Bemühungen geprägt, die primären Grundbedürfnisse von mir und meiner Familie zu stillen. Als Flüchtling war mir anfangs der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt geblieben. Auch danach konnte ich nicht meinen eigentlichen Beruf ausüben, sondern musste, um zu überleben, als Putzfrau und Hausbesorgerin arbeiten. Zusätzlich versuchte ich die schrecklichen Ereignisse, die sich durch einen Lageraufenthalt in mir eigebrannt hatten, zu verarbeiten und psychisch wieder zu mir selbst zu finden.
Eigentlich war ich mit der festen Absicht nach Österreich gekommen, nach dem Krieg wieder nach Bosnien zurückzukehren, jedoch musste ich mir bald eingestehen, dass die Zerstörungen zu weitreichend und tief waren, um meiner Familie eine sorgenfreie Zukunft garantieren zu können. In Österreich wurden wir sehr gastfreundlich und fürsorglich aufgenommen, viele Menschen haben uns Wasser für unsere Verwurzelung durch Liebe und Freundschaft gegeben – dann war es sehr leicht hier und dort und überall beheimatet zu sein. Ich fühlte mich bald hier zu Hause und darum war es für mich einfacher, meine berufliche Ausbildung für Österreich nostrifizieren zu lassen und meinen beruflichen Weg in Österreich fortzusetzen.
Das Rote Kreuz stand für mich immer schon für Neutralität, Schutz und Hilfe. Das war auch meine Motivation, mich haupt- und ehrenamtlich im RK einzubringen. Neben meiner Tätigkeit im Bereich Hospiz- und Palliativbetreuung bin ich auch als freiwillige Botschafterin im projektXchange aktiv. Es ist mir ein großes Anliegen, Kinder und Jugendliche an meiner Geschichte teilhaben zu lassen, um ihnen nahezubringen, warum Flüchtlinge nach Österreich kommen und was es bedeutet „fremd“ zu sein bzw. als „fremd“ angesehen zu werden. Diese Begegnungen mit den Kindern und Jugendlichen haben mich zutiefst berührt. Zum einen unterstützen die offenen Fragen und das Mitgefühl die Aufarbeitung meiner Erlebnisse. Zum anderen freue ich mich, jungen Menschen die Wichtigkeit von Offenheit und Toleranz zu vermitteln. Denn ein Freund zu sein, erleichtert dem anderen, nicht fremd zu sein. Deshalb kann ich auch sagen: ich bin nicht freiwillig gekommen, aber freiwillig geblieben.
Kontakt mit dem Projektteam aufnehmen projektXchange@roteskreuz.at